Während 5G zurzeit ausgerollt wird, beschäftigen sich Wissenschaftler und Telekommunikationsunternehmen auf der ganzen Welt bereits mit dem Nachfolger der Technologie: 6G. Was die neue Mobilfunktechnologie mit sich bringt, welche Anwendungen wir zu erwarten haben und ob der Aluhut noch gegen 6G schützt – darum geht es in diesem Beitrag.
„Ist es nicht etwas früh für 6G?“…
… möchte man sich fragen, wenn man hierzulande nur an wenigen Masten und in vereinzelten Gebieten die Geschwindigkeit von 5G nutzen kann. Und tatsächlich fangen wir mit der nächsten Mobilfunkgeneration langsam an, uns selbst zu überschlagen. Der Grund dafür: Wir entwickeln Netztechnologien, die immer weniger mit Telefonbuchsen und dafür immer mehr mit Licht gemein haben.
Das spiegelt sich nicht mehr nur in der höheren Bandbreite wieder, sondern auch in der verringerten Latenz (bei 5G sind es ca. 50 Millisekunden oder 0,05 Sekunden). Ähnlich zu Licht soll 6G bahnbrechende Latenzen von nur 100 Mikrosekunden erreichen (das sind 0,0001 Sekunden!). Wenn Licht im Vergleich dazu in gerader Bahn um die Erde kreist, braucht es dafür 130 Millisekunden (das sind 0,13 Sekunden). Aus den Beispielen wird klar: Solche Bandbreiten müssen erst einmal durch die unterliegende Infrastruktur versorgt werden.
Eine zentralisierte Cloud ist für 6G selbst mit direkter Glasfaseranbindung zu langsam! Um die nächste Mobilfunkgeneration richtig ausschöpfen zu können, muss also die Infrastruktur von Clouds, Datencentern, Internet Service Providern, etc. optimiert und dezentralisiert werden.
Umdenken bei der Infrastruktur
Anwendungen, die die Möglichkeiten von 6G ausschöpfen möchten, müssen auf dezentralisiertes „On-Premise“-Netzwerken umstellen. Das ist kostspielig, denn wer die Latenz auf Lichtgeschwindigkeit senken möchte, muss sich nicht nur mit der Glasfaseranbindung der Datenzentren auseinandersetzen: Für die hohen Geschwindigkeiten dürfen die Masten nur maximal 150 km entfernt zu ihren Zugriffspunkten stehen, die wiederum allen anderen infrastrukturellen Anforderungen gerecht werden müssen.
Das bedeutet, dass erst eine landesweite Versorgung mit Glasfaser- und Routing-Equipment geschaffen werden muss, die Bandbreiten zur Verfügung stellen kann. Herausgeworfenes Geld – wie mancher jetzt schreien würde – ist dies aber nicht. Denn mit der Technologie bewegen wir uns bereits am Rande der Physik – also dem, was wir nach wissenschaftlicher Erkenntnis überhaupt erreichen können.
„Was möchte ich denn mit solch geringen Latenzen erreichen?“…
… mag sich der ein oder andere fragen, dessen private Bedürfnisse schon mit 5G gedeckt sind. Die Antwort darauf liegt wahrscheinlich auch nicht beim Privatanwender, sondern bei AR und VR Applikationen – sowie dem, was wir noch gar nicht erfunden haben. Mit den geringen Latenzen von 6G kann es möglich werden, komplexe Anwendungen, wie z. B. schwierige Operationen remote durchzuführen. Auch in Bereichen außerhalb des Healthcare-Sektors können AR-/VR-Anwendungen dazu beitragen, dass spezialisierte Kräfte rund um die Welt aus dem Homeoffice arbeiten können. Das öffnet den Raum für einen höheren, weltweiten Austausch und Einsatz von Kompetenzen in Echtzeit.
Auch für autonome Fahrzeuge wird das Netz wahrscheinlich eine bedeutende Rolle spielen. Durch die geringen Latenzen können in winzigen Sekundenbruchteilen Meldungen an Rettungsdienste sowie andere Fahrzeuge mitgeteilt und so Unfälle vermieden werden. Durch eine autonome Verkehrssteuerung stehen wir womöglich nie mehr im Stau und haben auch an keiner Ampel mehr zu warten.
Die Anwendungsmöglichkeiten überschreiten mit hoher Wahrscheinlichkeit aber das, was wir uns heute vorstellen können (selbst beim Gedanken an ein mit dem Internet verbundenes Gehirn). Dennoch werden mit 6G Anwendungen möglich, die bis dato aufgrund der Latenzzeiten nur in Person (von einem Menschen) durchgeführt werden konnten.
Hochfrequente Zukunftsmusik
Mit 6G erreichen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit Frequenzen jenseits von 100 Gigahertz. Im angehenden Terrahertz-Bereich (6G soll bei ca. 0,11 bis 0,17 THz funken), verhalten sich die Wellen schon mehr wie Licht, als im Vergleich das Radio. Sie werden wahrscheinlich schon von einem Stück Papier abgelenkt. Entsprechend können sie voraussichtlich Bäume, Hauswände oder Ähnliches kaum bis gar nicht durchdringen (und wehe es regnet draußen einmal!). Wer sich gegen 6G gänzlich abschirmen möchte, fährt also mit einem Alufolien-Anzug ganz hervorragend!
Wer hingegen die Technologie nutzen möchte, muss viele Antennen installieren. Visionäre sprechen schon heute von Integrationen in die Architektur von Büro- oder Einkaufsgebäuden, in Ampeln oder Straßenlaternen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es 6G nur dort geben, wo die Anwendung gerechtfertigt ist – also auf Straßen und rund um kritische Infrastrukturen. Von einer Eliminierung vorhergehender Technologien, wie z. B. 4G, ist deshalb nicht auszugehen, bis es adäquaten Ersatz gibt, da sonst ländliche Teile gänzlich unversorgt blieben.
Ähnlich zu den Möglichkeiten von 5G erwarten Experten, dass sich KI-gestütztes Beamforming mit 6G signifikant weiterentwickeln wird. So kann voraussichtlich die Energie der Antenne gebündelt für die Anwender genutzt werden, die 6G aktiv nutzen. So könnten die Transmitter weniger Strom verbrauchen und trotzdem schnellere Geschwindigkeiten liefern, als das bei vorhergehenden Mobilfunktechnologien der Fall ist.
Bis es zu 6G kommt, wird es noch einige Jahre dauern. Mobilfunkgenerationen haben einen Innovationszyklus von 10 Jahren. Entsprechend ist vor 2030 nicht mit netzwerkgestütztem, vollautomatischem Verkehr, Remote-Neurochirurgie oder virtuellen Kran- bzw. Baggerfahrern zu rechnen. Was aber feststeht ist: Die Zukunft von Netzwerken ist schnell – mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar so schnell wie Licht.
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Ich bin Alexander Zagler aus dem HCD Vertriebsteam. Ich berate Sie gerne oder helfe Ihnen bei Fragen weiter. Sie erreichen mich telefonisch unter+41 58 590 110-0 oder per Kontaktformular.
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